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  • AutorenbildKati Fry

Back to the roots- back to yourself

Ein paar wenige Tage nach meiner Rückkehr wache ich auf, fühle mich nicht gut, packe meinen Rucksack und laufe los. Der Rucksack ist so gut wie leer, aber ich brauche ihn für meinen Weg. Er gibt mir Sicherheit, gibt mir das Gefühl wie auf dem Camino- "alles ist gut". Nach Minuten ebnet sich der Druck, der seit Tagen unter der Oberfläche brodelt, seinen Weg nach oben. Die Tränen kommen. Es fließt.

Ich denke, ich will weg. Weg von hier. Weg von allem Äußeren, das in mir so ein großes Druckgefühl auslöst. Weg von dem Druck, dies oder jenes sein zu müssen. Dies oder jenes erreicht haben zu müssen. Dies oder jenes vorweisen zu müssen. Plötzlich tauchen diese Fragen wieder auf- "wer bin ich?", "was will ich?", "wo ist mein Platz hier?". Fragen, die sich mir auf dem Camino irgendwann nicht mehr gestellt haben. Ich wusste ganz intuitiv, wer ich bin, was ich will und war so sehr bei mir. Nur bei mir. Soll ich mir diese innere Verbundenheit zu mir selbst, die innere Ruhe und den Frieden in mir etwa nur eingebildet haben? Was ist passiert seit meiner Rückkehr?

"Der Camino ist nicht das echte Leben!", könnte man sagen. Aber warum nicht? Was unterscheidet ihn denn vom "echten" Leben?

Auf dem Camino zählt nicht, was du erreicht hast, was du vorzuweisen hast. Es interessiert nicht, welchen Beruf du ausübst, welches Auto vor deiner Haustüre steht und ob diese Haustüre zu einer 2-,3-.4-Zimmer-Wohnung oder einem ganz eigenem Haus gehört. Niemand legt Wert darauf, zu wissen, wie alt du bist und ob du alle von der Gesellschaft erwünschten Schritte bisher pflichtbewusst erfüllt hast. Deine Kleidung, dein gesamtes äußeres Erscheinungsbild, dein sportliches Leistungsvermögen- das alles tritt in den Hintergrund. Übrig bleibst du. In deiner reinsten Form. Und dabei darf alles sein.

Darf denn im "wahren" Leben nicht alles sein?

Genau hier liegt er, mein Trugschluss. Es darf wohl alles sein. Wir müssen nur den Mut haben uns so zu zeigen, mit allem was ist oder ohne alles, was erwünscht und vorgegeben ist. Den Mut, das für sinnvoll, erstrebenswert, richtig zu halten, was ICH für sinnvoll, erstrebenswert und richtig halte- und nicht was mir von außen so erscheint. Sich zu distanzieren von den Kategorien "richtig" oder "falsch". Wie viel Energie hat es mich in meinem Leben gekostet, nach diesen Kategorien zu leben, abzuwägen, einzuordnen und entsprechend zu urteilen? Fragen zu stellen, auf die es keine objektiven Antworten gibt.

Auf dem Camino hatte ich mich von allen äußeren Zwängen befreit. Alles war erlaubt (nicht von Anfang an, aber jeden Tag erlaubte ich mir ein wenig mehr), kein richtig/kein falsch- nur das, was sich gut oder weniger gut für mich anfühlt, alles kann, nichts muss. Es gab keine Eile mehr - zumindest gegen Ende nicht mehr, als ich verstanden hatte, dass es mir gar nicht darum geht, das Ziel Santiago zu erreichen, sondern den Weg zu genießen. Und so sollte es auch im "echten" Leben sein. Keine Eile, keine Zwänge, ein Leben im Hier und Jetzt, so wie nur ICH es für richtig halte.

Diese Worte schreibe ich auf dem Weg. Wie die Tränen, so sprudeln diese Worte. Irgendwann bin ich dann wieder bei mir. Der Druck ist weg. Ich stehe auf, gehe nur wenige Schritte, und erblicke auf dem Boden eine kleine Muschel (mitten in einem Wald- und Wiesengebiet in Baden-Württemberg). Zugegeben eine Plastikmuschel. Aber für mich ein klares Zeichen, dass ich wieder auf dem richtigen Weg bin.

In diesem Sinne: buen Camino!


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